FRANKFURT. Der Mann beliebt zu scherzen. "Jetzt kann ich mir endlich meinen Lieblingsspieler Roberto Carlos von Real Madrid kaufen" sagt Josef Schnusenberg, Finanzvorstand beim Revierklub Schalke 04. Geld für so einen Sensationskauf wäre auf jeden Fall genügend vorhanden, denn die Gelsenkirchener sind seit kurzem durch eine Unternehmensanleihe um 85 Millionen Euro reicher.
Auf die wundersame Geldvernehmung musste der Klub seit Oktober vergangenen Jahres warten. Die Investoren - große amerikanische und britische Versicherungen und Pensionsfonds - zahlten nicht. Denn es fehlte noch die von den Investoren geforderte Zustimmung durch das Land Nordrhein-Westfalen. Auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) ließ mit ihrem "Ja" zur Anleihe auf sich warten. Nachdem diese Probleme gelöst waren, flossen in der vergangenen Woche die ersten 75 Millionen Euro in die Vereinskasse der Schalker, die restlichen zehn Millionen Euro werden Ende des Monats folgen.
Dieses Anleihekonzept könnte in der mit rund 600 Millionen Euro verschuldeten Bundesliga Schule machen. "Ich könnte mir vorstellen, dass diese Finanzierungsmethode in Zeiten zurückgehender Einnahmen sehr interessant für die Klubs ist", sagt der hauptberufliche Steuerberater Schnusenberg. Mit einigen Bundesligavereinen und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sei man in Sachen Anleihe in intensiven Gesprächen.
Der Kölner Rechtsanwalt Theo Paeffgen sieht beispielsweise in TV-Erlösen und Sponsorengeldern der Klubs und Liga "gut organisierte Einnahmeströme", die als Sicherheit für eine langfristige Finanzierung über die Herausgabe einer Anleihe gut geeignet wären.
Solch ein Konzept, so Theo Paeffgen weiter, sei aber nur umzusetzen, wenn alle Bundesligaklubs alle ihre TV-Vermarktungsrechte langfristig an potenzielle Investoren abtreten würden.
Der von Schalke 04 aufgezeigte Weg der Geldbeschaffung über die Ausgabe einer Anleihe im Volumen von 85 Millionen Euro kann auch von anderen Bundesliga-Klubs beschritten werden. Davon jedenfalls ist Stephen Schechter, Chef der auf Sportfinanzierungen spezialisierten britischen Investmentbank Schechter & Co. Ltd., überzeugt. "Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit zwei anderen Klubs aus der ersten Bundesliga", sagt Schechter, dessen Investmentbank die Schalke-Anleihe platziert hat.
Die Anleihe versetzt den Revierklub in die Lage, rund 48 Millionen Euro an alten Verbindlichkeiten zurückzuzahlen und rund zehn Millionen für Investitionen in eine "Fußball-Erlebniswelt" sowie ein Hotel und ein Reha-Zentrum zu investieren. Um rund 16 Millionen Euro wird das Aktienkapital der Stadiongesellschaft aufgestockt. Der Rest wird für den normalen Betriebsablauf eingesetzt.
Für die Anleihe muss Schalke 04 einen jährlichen Kapitaldienst für Zins und Tilgung von 7,5 Millionen Euro leisten, das sind rund 50 Prozent der jährlich kalkulierten Zuschauereinnahmen, die als Sicherheit für den Bond dienen. Die Ratingagentur Fitch hat dem Verein eine mittlere Schuldnerqualität (Triple B) attestiert. Diese liegt am unteren Ende des Investmentbereichs, mit ihr sind auch Dax-Riesen wie die Metro, die Deutsche Telekom oder der französische Autokonzern Renault bewertet.
Die im Jahr 2025 fällige Schalke-Anleihe wurde als "Asset Backed Securities" (ABS) konzipiert. Als Sicherheit für die Bedienung der Zinsen und der Rückzahlungen dienen die Einnahmen aus dem Ticket-Verkauf in der Schalke-Arena. "Auf Basis der Zuschauer-Einnahmen ist so die zuverlässigste und langfristigste Projektion über die Ertragslage von Fußballklubs möglich", sagt Stephen Schechter.
Er hat bei dieser Finanzierung seine Erfahrung als Ex-Banker bei der britischen Bank Lazard eingebracht. "Wir haben im Jahr 1999 mit der Ticket-Verbriefung des Premiere-League-Klubs Newcastle United in Höhe von 55 Millionen britischen Pfund Sterling völliges Neuland in Europa betreten", sagt der Anleihe-Experte. Seither habe man in Großbritannien als alleiniger Platzierungs-Agent sechs weitere Deals abgewickelt. Seine Firma habe von britischen Fußballklubs zuletzt bereits zwei zusätzliche Mandate erhalten, mit weiteren zwei Klubs sei man in fortgeschrittenen Gesprächen."
[Handelsblatt 16.04.2003]
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