"Ich hatte nichts mit Sport oder Fußball zu tun bis Schalke kam." Theo Paeffgen ist anzumerken, dass er von der Aufsehen erregenden Transaktion, die er als Anwalt begleitet hat, noch immer ganz gebannt ist. Als Berater zu den Gelsenkirchener Kickern ist der ehemalige Ashurst Morris Crisp-Jurist gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Man muss wohl sagen: Er hatte einfach Glück. Denn an Paeffgen wandte sich der amerikanische Bankier Stephen Schechter, um ein hierzulande neues Geschäft zu vermitteln: Die erste Ticket-Securitisation des deutschen Profi-Fußballs.
Kennengelernt hatten sich der in Deutschland und England zugelassene Paeffgen und der im Vereinigten Königreich als "Gottvater der Fußball-Klub Securitisation" gehandelte Schechter durch frühere Mandate. Nun sieht es so aus, als sollte aus dem Zufallsgeschäft eine einträgliche Zukunft erwachsen. Denn dem Vorbild Schalke wollen weitere Vereine folgen. Offiziell ihr Interesse bekundet haben Hertha BSC und Borussia Dortmund, mit Werder Bremen und Bayer Leverkusen sollen ebenfalls bereits Verhandlungen gelaufen sein, berichtet die "Berliner Morgenpost".
Die Idee, wie Geld in die Kassen der nach der Kirch-Pleite arg gebeutelten Klubs zu bringen ist, ist eigentlich ganz simpel: Die Vereine legen eine lang laufende Anleihe auf - im Falle von Schalke 23 Jahre - und kommen so unmittelbar an Bares. Zur Absicherung der Rückzahlung verbriefen sie ihre zukünftigen Zuschauer- und Medieneinnahmen und zahlen jährlich um die sieben Prozent Zinsen. Für Schalke bedeutet dies, dass der Verein auf einen Schlag um 85 Millionen Euro reicher geworden ist und seine Anleihe mit einem Triple B-Rating auf den Markt bringen konnte.
"Für die Fußball-Vereine hat diese Art der Finanzierung den zusätzlichen Charme, dass sie an Geld gelangen ohne den Weg über die Börse gehen zu müssen, sagt der Anwalt der Investoren - laut Handelsblatt große amerikanische und britische Pensionsfonds - Dr. Philipp von Randow: "Zudem können sie ihre Rechtsform beibehalten und sind trotzdem gezwungen fit für den Kapitalmarkt zu werden, so dass für die Vereinsführung der Umgang mit einer später möglichen Börsennotierung einfacher wird."
Das klingt alles sehr plausibel, war für die Beteiligten trotzdem ein großes Stück Überzeugungsarbeit. Anders als in England, wo die in London ansässige Investmentbank Schechter & Co. Ltd. seit 1999 bereits sieben solcher Deals abgewickelt hat und sich bei der Finanzierung von Fußball-Klubs mittlerweile der Konkurrenz so schillernder Häuser wie Bear Stearns, Merril Lynch und Salomon Smith Barney zu erwehren hat, musste in Deutschland großes Misstrauen überwunden werden.
"Eine Herausforderung war, die Transaktion in das Umfeld von Banken, dem Deutschen Fußballbund (DFB), der Deutschen Fußballliga (DFL) und dem Land Nordrhein-Westfalen einzubetten", sagt von Randow. Insbesondere die beiden Letztgenannten zögerten Presseberichten zufolge mit der Zustimmung zu der Transaktion.
Doch am Ende hat alles geklappt und das sogenannte Asset Backed Securities-Geschäft war unter Dach und Fach. Und Schalke-Anwalt Paeffgen absolviert zurzeit einen Intensivkurs in Sachen Fußball: "Mittlerweile war ich schon zu Präsentationen bei fünf oder sechs Klubs eingeladen", sagt Paeffgen und kommt aus dem Wundern nicht mehr raus. (JP)"
[JUVE 20.05.2003]
|